Wie hoch ist dein Kalorienverbrauch wirklich beim Krafttraining?

Veröffentlicht am 17. August 2025 um 21:08

Viele Menschen fragen sich, wie viele Kalorien sie beim Krafttraining tatsächlich verbrennen. Auf Social Media und in Fitnessmagazinen kursieren oft beeindruckende Zahlen und Versprechen, doch die Realität sieht etwas nüchterner aus. Krafttraining ist in erster Linie kein Werkzeug zur Fettverbrennung, sondern ein Mittel zum Aufbau von Muskelmasse, Kraft und funktionaler Leistungsfähigkeit. Zwar verbrennt auch diese Trainingsform Energie, aber die Menge wird oft überschätzt. Besonders der sogenannte Nachbrenneffekt, wissenschaftlich als EPOC (Excess Post-Exercise Oxygen Consumption) bezeichnet, wird häufig größer dargestellt, als er in Wirklichkeit ist. Ja, der Körper benötigt nach einer intensiven Einheit zusätzliche Energie, um Homöostase wiederherzustellen, Muskeln zu reparieren und Energiespeicher aufzufüllen. Aber dieser Effekt ist deutlich kleiner, als viele glauben. Wer sein Training nur deshalb intensiver oder hektischer gestaltet, um mehr Kalorien zu verbrennen, verliert leicht den eigentlichen Sinn des Krafttrainings aus den Augen: das Setzen eines ausreichenden Reizes für Anpassungen.

Der direkte Kalorienverbrauch während einer Einheit hängt von verschiedenen Faktoren ab: Körpergewicht, Muskulatur, Trainingsvolumen, Intensität, Übungsauswahl und sogar der individuellen Stoffwechsellage. Übungen wie Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken oder Klimmzüge, bei denen viele Muskelgruppen gleichzeitig arbeiten, beanspruchen deutlich mehr Energie als kleine Isolationsübungen wie Bizeps-Curls. Durchschnittlich kann eine Stunde Krafttraining je nach Intensität und Person zwischen 200 und 400 Kalorien verbrennen. Damit liegt diese Zahl meist unter den Werten, die beim klassischen Ausdauertraining wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen erreicht werden. Doch es ist wichtig zu verstehen: die genaue Zahl ist für den Trainingsfortschritt zweitrangig.

Warum sollte man also weiterhin Krafttraining betreiben, wenn der Kalorienverbrauch relativ moderat ist? Der entscheidende Vorteil liegt im langfristigen Effekt. Durch kontinuierlichen Muskelaufbau steigt der Grundumsatz – also die Menge an Kalorien, die dein Körper in Ruhe verbrennt. Muskeln sind stoffwechselaktiv und benötigen mehr Energie als Fettgewebe, selbst ohne Training. Mit zunehmender Muskelmasse erhöht sich daher der tägliche Energiebedarf automatisch. Das bedeutet: der vielleicht unspektakuläre Kalorienverbrauch während einer Einheit summiert sich über Monate und Jahre durch die Anpassung des Körpers zu einem erheblichen Vorteil für die Körperzusammensetzung.

Eine häufige Empfehlung lautet, im Krafttraining kürzere Satzpausen einzulegen, um den Kalorienverbrauch zu steigern. Doch dieser Ansatz ist irreführend. Zwar erhöht sich kurzfristig die Herzfrequenz, aber der Effekt auf den Gesamtenergieverbrauch bleibt klein. Gleichzeitig leidet die Trainingsqualität: Mit zu kurzen Pausen sinken Lasten und Wiederholungszahlen, die Technik verschlechtert sich und der Reiz für Muskelwachstum wird geringer. Deshalb sind längere Satzpausen keineswegs „Zeitverschwendung“, sondern ein essenzielles Element für Fortschritt. Insbesondere bei schweren Mehrgelenksübungen ermöglichen Pausen von zwei bis drei Minuten, erneut hohe Intensität und saubere Ausführung zu erreichen. Kürzere Pausen können bei Isolationsübungen sinnvoll sein, aber das Ziel bleibt stets ein effektiver Trainingsreiz, nicht ein maximales Kalorienverbrennen.

Auch beim Thema Nachbrenneffekt lohnt es sich, nüchtern zu bleiben. Studien zeigen, dass EPOC zwar existiert, jedoch in seiner Größenordnung oft überschätzt wird. Der Mehrverbrauch nach einer Einheit liegt meist im zweistelligen Kalorienbereich, in Ausnahmefällen etwas höher. Wer glaubt, dass er durch EPOC hunderte von zusätzlichen Kalorien verbrennt, wird enttäuscht sein. Effektiver ist es, Krafttraining als das zu nutzen, was es am besten kann: Muskeln aufbauen, Kraft steigern, Knochen und Bindegewebe stärken, die Körperhaltung verbessern und langfristig die Stoffwechselgesundheit fördern. Wer Gewicht verlieren will, sollte Krafttraining als unterstützenden Faktor betrachten, nicht als Haupttreiber der Kalorienbilanz.

Das Fazit lautet: Krafttraining ist kein primäres Kalorienverbrennungs-Tool. Es liefert den entscheidenden Stimulus für Muskel- und Kraftzuwachs, der wiederum langfristig den Grundumsatz erhöht und so indirekt den Energieverbrauch steigert. Während einer Einheit werden Kalorien verbraucht, aber dieser Anteil ist geringer, als viele annehmen. Der EPOC-Effekt wird überschätzt und sollte nicht als Hauptargument dienen. Wichtig ist, mit hoher Qualität zu trainieren, Satzpausen ausreichend lang zu gestalten und Progression im Blick zu behalten. Für die Regulierung des Kalorienhaushalts sind Ernährung, Alltagsaktivität und ergänzendes Ausdauertraining die entscheidenden Stellschrauben. Wer diese Elemente kombiniert, kann Fett verlieren, Muskeln aufbauen und seine Gesundheit verbessern. Krafttraining bleibt dabei ein unverzichtbares Fundament – nicht, weil es so viele Kalorien verbrennt, sondern weil es den Körper formt, stärkt und für langfristige Leistungsfähigkeit sorgt.


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.